Haarschnitt

 

Als kleines Mädchen hatte ich sehr lange, glatte, dunkelbraune Haare, die zu zwei Zöpfen geflochten wurden. Ich mochte das, aber jedes Mal beim Kämmen, wobei meine Mutter oder meine große Schwester eher rabiat vorgingen, gab es Tränen weil es so schrecklich ziepte. Heute würde man zum Waschen zumindest eine Spülung verwenden, was das Verfilzen der Haare verhindern würde oder hätte auch damals versuchen können, die Haare stückweise mit einer Bürste zu entwirren. Aber es musste ja schnell gehen...

 

Jedenfalls wollte meine Mutter dann nicht mehr und meinte, die Haare müssten abgeschnitten werden. Ich wollte das zwar nicht, aber was sollte ich tun. Ich war damals gerade mal fünf Jahre alt und das Gezerre war nicht auszuhalten.

 

Meine Mutter machte also einen Termin mit der Freundin meiner Schwester aus, die gerade eine Lehre bei einem Friseur angefangen hatte und schleppte mich hin. Ich durfte nicht mal selbst entscheiden, was für einen Schnitt ich bekommen würde. Mit jedem Schnitt fielen die Haare rund um mich auf den Boden. Ich fühlte mich hilflos und übergangen.

 

 

 Es wurde ein total kurzer Bubikopf. Ich wollte nicht aussehen wie ein Junge und die Zöpfe hätte ich wenigstens gerne mit nach Hause genommen, aber die Freundin meiner Schwester brauchte sie zur Anfertigung einer Perücke als Lehrstück. So musste meine Mutter für den Schnitt nichts bezahlen. Später wurde ich wegen meinen kurzen Haaren ab und zu als Junge angesprochen, wofür ich mich fürchterlich schämte. Was ich wollte und wie ich mich dabei fühlte, war anscheinend völlig egal...