WfbM - Berufsbildungsbereich

 

Nach der Trennung von meinem Mann traute ich mir nichts mehr zu. Ich wusste nicht, wie es weiter gehen sollte. In der Klinik hatte ich aber eine Zimmerkollegin, die mir über ihre Arbeit in einer Behindertenwerkstätte berichtete. Dies schien mir nach so langer Zeit ohne richtige Arbeit eine Möglichkeit zu sein, wieder im Arbeitsleben Fuß zu fassen, oder zumindest sozialversichert zu sein. Sie meinte, man könnte von dort aus wieder auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt werden.

 

Ich sprach dann mit meiner Bezugsschwester, den Ärzten und dem Sozialarbeiter der Klinik darüber und sie meinten, das sei eine Möglichkeit. Der Sozialarbeiter meldete eine Besichtigung für mich an und als wir uns alles angeschaut hatten, bewarb ich mich. Die Werkstätte war zwar recht alt und ich hatte Bedenken, ob ich mit den Kollegen zurecht kommen würde, aber sie lag in meinem Heimatort. Ich hatte damals nicht gewusst, dass es dort so etwas gab. Der kurze Weg zur Arbeit war ein weiterer Vorteil für mich. Mir war ziemlich egal, was ich arbeitete. Hauptsache versichert sein und etwas Geld bekommen.

 

Uns wurde damals gesagt, dadurch dass relativ viel in die Rentenkasse einbezahlt wird, bekäme man später eine gute Altersrente. Leider stimmt das so nicht. Nur wenn man 20 Jahre in einer WfbM arbeitet und in dieser Zeit keine Rente bekommt, hat man Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente etwa in Höhe der Grundsicherung. Bekommt man schon von Anfang an eine einigermaßen gute Rente, erhöht sich die Altersrente trotz der Einzahlungen der Werkstatt, wegen der regulären Rentenerhöhungen die in dieser Zeit auflaufen später mal kaum, denn die Rente wurde damals schon vorher auf ein Renteneintrittsalter von 60 Jahren hochgerechnet. Heute sind es 62 Jahre.

 

In den ersten beiden Jahren durchläuft man den Berufsbildungsbereich (BBB). Man soll nach der Erkrankung auf eine Arbeit draußen oder eben in der Werkstatt vorbereitet werden. Wenn man vorher gearbeitet hat, bekommt man Übergangsgeld prozentual nach den Einkünften, die man vorher hatte. Hatte man vorher keine Ausbildung, bekommt man nur ein sehr geringes Ausbildungsgeld. Ich bekam aus einem mir unbekannten Grund Übergangsgeld. Ich hatte ja vorher einige Jahre lang gar nicht gearbeitet. 

 

Nach ein paar Monaten wollte ich aufgrund meiner Ausbildung im Einzelhandel ein Praktikum in einem Supermarkt machen, der ein soziales Projekt für Menschen mit Behinderung ist. Schon der erste Tag überforderte mich. Ich wurde nicht richtig eingewiesen, bekam keinen Spint für meine Wertgegenstände zugewiesen und bekam auch nicht gesagt, wann ich Pause machen könnte. Nach einem halben Tag wurden die Stimmen unerträglich und am nächsten Morgen hatte ich vom ständigen bücken beim Regale sauber machen so schlimmen Muskelkater, dass ich kaum noch gehen konnte. Ich ließ mich krank schreiben und brach das Praktikum ab. Das war vorerst mein einziger Versuch, draußen wieder Fuß zu fassen.

 

Die Kollegen in der Werkstätte waren alle sehr nett. Die Arbeit war zwar langweilig, aber weil alles so einfach war, fühlte ich mich wenigstens nicht gestresst. Ich glaube, ich war von Anfang an einigermaßen beliebt. Überhaupt schienen die meisten dort recht glücklich zu sein. Wie in der Tagesklinik ging die Arbeit von 8 bis 16 Uhr und einmal die Woche durfte man eine Stunde früher gehen, weil die Gruppenleiter Teamsitzung hatten. Das Mittagessen kostete nichts und wenn man auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen war, wurde die Fahrkarte bezahlt, was bei mir erst mal nicht der Fall war, weil ich ja im Ort wohnte.

 

Nach einiger Zeit begann ich Aufgaben als Springer in verschiedenen Gruppen, und im Getränkeverkauf in der Frühstückspause zu übernehmen. Mir fiel alles sehr leicht, was mein Selbstbewusstsein und meine Stabilität förderte.

 

 

 

Nach einem Jahr wechselte ich dann in eine Gruppe, wo neben Kleinmontagearbeiten, medizinische Liegen gebaut wurden. Dort arbeitete außer mir nur eine Frau. Vorerst blieb aber noch der Status als Rehabilitand beibehalten. Inzwischen hatte ich auch Rente beantragt, die wohl ohne genauere Überprüfung durchging. Zu dieser Zeit war ich noch nicht geschieden. Erst nach zweieinviertel Jahren wurde ich in den Arbeitsbereich übernommen und bekam einen geringen Lohn. Die genaue Summe weiß ich heute nicht mehr, aber es waren sicher nicht mehr als 280 €.