Glücklich?

 

Ich mache mir Gedanken darüber, was ich schon seit meiner Kindheit, im Gegensatz zu aus meiner Sicht vielen anderen, verpasst habe. Mein Leben verlief eigentlich schon immer gewissermaßen als Misere. 

Als Kind hatte ich kaum Freunde und war in meiner Erinnerung immer nur depressiv.

Als Teenager habe ich quasi nichts von dem getan, was andere Teenies gemacht haben, also sich mit Freunden treffen oder in die Disco gehen, nächtelang durchfeiern, rauchen, erste sexuelle Erfahrungen usw. Das wurde alles durch die autoritäre Erziehung meiner Mutter und meine Schüchternheit unterbunden, bzw. gab es keine Freunde, die mich dabei haben wollten.

Wer weiß, eventuell wollte mich auch niemand, weil ich vielleicht gemüffelt habe, denn bei uns wurde in meiner Jugend nur Samstags der Ölofen fürs heiße Badewasser angeworfen und ansonsten gab es nur tägliche Katzenwäsche. Erst Jahre später, als meine Großeltern schon tot waren, gab es dann eine Zentralheizung, wo in der unteren Wohnung eine Dusche eingebaut wurde.

Ich kannte, bis ich dann mit 18 in der Stadt ins kaufmännische Berufskolleg ging, in Karlsruhe höchstens die Kaiserstraße, und da kam ich als Kind auch höchstens zwei mal im Jahr mit meiner Mutter oder meiner Tante hin. Ich war immer nur bei uns im Dorf. Ich hatte ja auch kein Geld, um irgend etwas zu machen.

Auch als Erwachsene, außer als ich mit meinem Mann zusammen war, war ich größtenteils für mich alleine. Dass das so war, lag auch zum Teil daran, dass ich keine Freunde/innen will/wollte, denn ich konnte keine Nähe zulassen.

Jungs haben sich nie wirklich für mich interessiert. Dass das mit meinem geschiedenen Mann etwas geworden ist, lag nur daran, dass mich damals meine Schwester zu den Treffen geschleppt hat und er hat sich dann ja später auch wieder von mir getrennt.

Ich war schon immer ein unattraktives Mauerblümchen. Dabei hätte ich mich so gerne auch mal sexy oder zumindest modisch angezogen, aber mir wurde schon von frühester Kindheit, zur Not mit Schlägen eingebleut, dass man nicht auffallen und kein Geld verschleudern darf. Mir wurde niemals gesagt ich sei hübsch, oder dass ich etwas gut gemacht hätte. Immer nur, “Das kannst du nicht!” Nach meinen Wünschen und Ansichten wurde nie gefragt. Wie sollte man da Selbstwirksamkeit lernen?

Ich hatte sehr starken Haarwuchs und niemand erklärte mir damals, dass oder wie man die effektiv entfernen konnte. Deshalb trug ich auch in den heißesten Sommertagen immer nur lange Hosen und Shirts mit zumindest kurzen Ärmeln. Im Gegenteil sagte meine Mutter, die Haare wüchsen noch viel mehr, wenn man sie abrasiert. Einmal erwischte sie mich, wie ich sie in meinem Zimmer heimlich mit Haarentfernungscreme wegmachte und wurde total wütend. Ich traute mich sowieso nicht, darüber zu reden, denn die Haare waren für mich eine Schande.

Das alles zog sich durch die Schulzeit mit Lernschwierigkeiten und aufgrund von Schüchternheit und  mangelnder Mitarbeit in die Zeit, wo ich eine Lehrstelle suchte und immer nur dachte, die wollen mich ja doch nicht und ich kann das sowieso nicht. Ich fand dann auch erst mal keine Arbeit und ging deshalb in eine Hauswirtschaftsschule und danach in ein kaufmännisches Berufskolleg.

Als ich dann doch endlich Arbeit hatte, bemerkte ich nach einigen Anfangsschwierigkeiten, dass ich doch einiges sehr gut konnte  und gut arbeitete. Nur mein Problem mit dem anderen Geschlecht machte dann vieles wieder zunichte. Wenn ich mich in jemanden verliebte, normalerweise Kollegen, war mir gleich klar, dass das wegen meinem Aussehen und meiner langweiligen Art nichts werden würde. Ich hatte deshalb immer Angst, jemand, am Ende noch der Angebetete, könnte merken, dass ich hässliche Kröte auch noch verliebt bin. So kann man natürlich nicht glücklich sein. Ich war immer depressiv drauf.

Irgendwie gebe ich auch heute noch, aufgrund ihrer autoritären Erziehung, hauptsächlich meiner Mutter die Schuld an meinem verkorksten Lebensglück, auch wenn ich mich nie traue, ihr das zu sagen…

Ich habe heute das Gefühl, sie hat immer versucht zu verhindern, dass ich erwachsen und selbständig werde. Vielleicht hatte sie aber auch einfach keine Ahnung von Erziehung.  Ständig wurde alles verboten und weil ich mich anderswo nicht orientieren konnte, da ich kaum Kontakte hatte, hielt ich mich auch an ihre Vorgaben. Mein Vater spielte in meinem Leben eigentlich nur in Hinsicht auf Natur, Fotografieren und Malen eine Rolle. "Nur" ist eventuell das flasche Wort, denn ich habe daher heute die meisten meiner liebsten Hobbies. Aus der Erziehung hielt er sich aber größtenteils raus.

Aber ich sollte nicht so viel in der Vergangenheit herumkramen. Das tut nur weh!

Ich muss mich darauf konzentrieren, dass ich weiterhin, so gut es geht, mein Leben auf die Reihe bekomme, auch wenn es Einschränkungen gibt. Die Konstante, die mir die Arbeit in der Werkstätte gibt, hat schon einiges zum Guten gewendet, selbst wenn das nur eine Krücke ist.

Vielleicht kann ich mich mit zunehmendem Alter auch weiterhin zu einem offeneren und kommunikativeren Menschen entwickeln und da die Sexualität immer weniger Einfluss hat, gibt es mir vielleicht auch die Möglichkeit, echte und emotional ruhige Freundschaften aufzubauen.

Wenn ich meine Texte heute lese, wir mir immer klarer, dass meine seelischen Probleme oft erst aus einem Mangel an Kommunikation meinerseits entstanden sind. Mich über private Dinge auszutauschen, habe ich in meiner Kindheit und Jugend nie gelernt. In den letzten Jahren bemühe ich mich sehr, dies zu ändern, auch durch diese Seite, aber früher habe ich immer alles nur mit mir selbst ausgemacht und nie jemanden um Hilfe gebeten, oder überhaupt meine Probleme formuliert. Natürlich kann es dann auch keine Unterstützung von außen geben.

 

:cry: