13.05.2017

 

Früher dachte ich, wir Psychotiker würden durch die Medikamente all unserer Anziehungskraft beraubt. Es gibt aber anscheinend doch Betroffene, die den Spagat zwischen einer Überdosierung der Medikamente mit ihren unschönen Auswirkungen auf Körper/Geist und einem Leben ohne sie unter permanentem Wahn/Angstzuständen beherrschen, oder sich trotz  persistierender Restsymptome ein lebenswertes Leben bewahren können.

 

Andere schaffen es nicht so gut. Entweder weil sie sich schlechter Ärzte nicht erwehren können, die sie mit immer höheren Dosierungen von Medikamenten zudröhnen oder die Kombinationen von Medikamenten schlucken sollen, die verhindern dass sie überhaupt noch feststellen können, woher die einzelnen Nebenwirkungen kommen... Oder weil sie nie begonnen haben sich überhaupt mit ihrer Krankheit auseinanderzusetzen...

 

Ich habe zwar den Eindruck, dass sich in der Psychiatrie in den letzten Jahren etwas ändert, kann aber in Hinsicht auf die stationäre Behandlung nur das sehen, was mir die erzählen, die mal wieder ein paar Wochen oder Monate dort verbracht haben. Ich selbst war seit 2005 nicht mehr stationär. Na ja... sie kommen wenigstens nach absehbarer Zeit wieder. Zwar sind sie dann immer noch angeschlagen, aber meist stabilisieren sie sich innerhalb kurzer Zeit durch die soziale Interaktion in der Werkstätte wieder...

 

Mich beunruhigt, dass einige meiner Kollegen in den letzten Jahren unter ungeklärten Umständen (wohl Herz-Kreislauf) oder an Krebs gestorben sind. Das waren alles Menschen im Alter zwischen 40 und 60... also nicht zu alt. Das macht wirklich Angst!

 

Mir geht es aber sehr gut! Ich höre kaum noch Stimmen und bin emotional ausgeglichen. Ich habe kaum noch Angst vor der Zukunft; fühle mich immer sicherer. Ich denke, wenn etwas schief läuft, werde ich das wohl zumindest mit Hilfe anderer irgendwie schaffen. Seit einiger Zeit nehme ich ein Multivitamin- und Mineralstoffpräparat ein. Ich habe das Gefühl, dass mich das zusätzlich ein wenig stabilisiert. Außerdem mache ich seit etwa zweieinhalb Monaten eine Intervalldiät. Das heißt,16 Stunden nur zucker- und fettfreie Getränke zu trinken und nichts zu essen, und dann hinterher acht Stunden normal zu essen und zu trinken. Ich frühstücke nicht mehr und habe mein Mittagessen auf nach der Arbeit verschoben. So habe ich bisher acht Kilo abgenommen. Man fühlt sich insgesamt nicht mehr so schlapp und müde. Außerdem hatte ich bei der letzten Blutuntersuchung keine erhöhten Entzündungswerte mehr, was ebenfalls darauf zurückzuführen sein soll. Auch Diabetes und erhöhter Blutdruck soll durch die Gewichtsreduktion besser behandelbar sein. Ein Belastungs-EKG war befundlos außer dem leicht verlängerten QT-Intervall durch mein Medikament.

 

Im April habe ich den Psychiater gewechselt. Auf den Termin musste ich seit Oktober letzten Jahres warten, aber ich denke es hat sich gelohnt. Dieser Arzt hat sehr gute Bewertungen und Kollegen, die bei ihm in Behandlung sind, haben mir nur Gutes berichtet. Ich denke, ich war schon viel zu lange bei meinem alten Arzt. Es waren insgesamt 24 Jahre, wo ich in den letzten Jahren zwei Mal auf Abilify eingestellt wurde, obwohl zu erkennen war, dass es bei mir absolut nicht wirkt. Ich rutschte jedes Mal in eine Psychose und bekam nicht mal passende Bedarfsmedikation gegen die große Angst, der ich dann ausgesetzt war. Der letzte Versuch im Oktober 2016 war der eigentliche Anlass für den Wechsel. Mir war auch nie zu einer Psychotherapie geraten worden, obwohl mir das  wahrscheinlich viele Tränen erspart hätte, vor allem wenn eine solche schon am Anfang meiner Erkrankung stattgefunden hätte. Allerdings lebe ich jetzt schon so lange mit dieser Krankheit, dass die Behandlung sich inzwischen sehr gewandelt hat. Früher dachte man noch, dass bei einer Psychose eine Therapie nichts bringt.

 

Ende 2015 habe ich mich dann, nachdem ich mein Medikament reduziert hatte und in eine erneute angstbesetzte, psychotische Phase gerutscht war, auf eine kognitive Verhaltenstherapie eingelassen, die mir zwar einiges klar machte, da ich aber schon vorher über ein Onlineprogramm Kontakt mit den kognitiven Ansätzen hatte, nicht sehr viel Neues brachte. Es hatte bestimmt ein dreiviertel Jahr gedauert, bis ich einen Termin bekam. Mich zu öffnen fiel mir schwer, weil die Therapeutin noch sehr jung (Praktikantin in Ausbildung) war und ich doch auch Dinge zu besprechen hatte, die sehr intim waren. Ich wollte es aber dennoch durchziehen und schaffte es in dem dreiviertel Jahr wo ich bei ihr war dann doch, ein paar Dinge zu erkennen. Weil ich dann auch keine akuten Probleme mehr hatte, beschlossen wir die Therapie zu stoppen.

 

Mit meiner Wohnung läuft alles gut. Nur in den Phasen, wo ich wieder psychotisch war, also Angstzustände und massiv Stimmen hatte, redete ich bestimmt zu viel Mist mit meiner Vermieterin. Sie hat es mir aber nicht krumm genommen.

 

 Meine Mutter baut leider immer mehr ab. Sie ist inzwischen 84 und kann kaum noch alleine aus dem Haus. Ich weiß, dass ich sie nach meinen Möglichkeiten unterstützen muss, egal wie sie sich früher mir gegenüber verhalten hat. Wenn man das sieht, macht man sich doch Gedanken, wie das später einmal mit einem selbst wird, wenn man nur geringe finanzielle Ressourcen hat.

 

Aber egal...,  es blockiert einen nur, sich über Dinge Gedanken zu machen, die sich doch nicht ändern lassen. Ich hoffe eben, dass es politische Entwicklungen geben wird, die meine Probleme lösen werden, denn es geht ja immer mehr Menschen so.

 

Ach ja... meine Tiere! Anfang 2015 ist auch mein Goldhamster Flipsy gestorben. Er hatte einen leichten Tod. Bis zuletzt merkte man ihm nichts an, bis er dann eines Tages zusammengerollt und tot in seinem Nestchen lag. Eine Weile später habe ich mir dann zwei Rennmäuse geholt, die sich mit Eintritt der Geschlechtsreife aber leider nicht mehr vertragen haben. Ich musste sie dann trennen weil die eine Maus böse Bisswunden davongetragen hatte und nun leben sie seit mittlerweile über zwei Jahren jeweils nebeneinander in einem 1 Meter Aquarium.

 

 

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