14.09.2020

 

Gestern Abend habe ich Youtubevideos angeschaut und bin dabei wieder einmal auf den Kanal einer Therapeutin gestoßen, wo es in vielen Videos um Persönlichkeitsstörungen geht. Ich hege schon sehr lange die Vermutung, dass bei mir neben der Schizophrenie noch etwas anderes im Argen liegt, vor allem, weil die meisten Schizos, die ich kennen gelernt habe, eben nicht die Probleme haben, unter denen ich massiv leide und schon immer gelitten habe.

 

In dem Video, das ich schaute, ging es um die ängstlich vermeidende, oder selbstunsichere Persönlichkeitsstörung. Diese Persönlichkeitsstörung zeigt sich durch soziale Ängste und sozialen Rückzug, was zu Vereinsamung und Depressionen führt. Ich vermute, dass ich darunter leide... In den ganzen 30 Jahren, wo ich in psychiatrischer Behandlung war, hat mich aber nie ein Arzt auf eine mögliche Comorbidität  angesprochen.

 

Ich habe mich auch schon mit der schizoiden Persönlichkeitsstörung befasst, aber diese weicht von meinem Denken insofern ab, als dass diese Menschen im Gegensatz zur ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsstörung überhaupt keine Kontakte zu anderen wünschen. Sie leiden also nicht unter der Kontaktarmut im Sinne des pathologischen Aspektes. Ich leide aber schon unter meiner Unfähigkeit zur Aufrechterhaltung von sozialen Kontakten im Privatleben, auch wenn ich mich im Lauf der Jahre damit abgefunden, und mein Leben darauf ausgerichtet habe. 

Ich war schon immer so, also nicht erst seit dem Ausbruch meiner psychotischen Symptome. Ich habe als Kind und Jugendliche schrecklich darunter gelitten, dass es so eine Art "Wand" zwischen mir und allen anderen gab. Diese "Wand" verhinderte, dass ich mich auf andere einlassen konnte. Immer dachte ich, die können mich ja sowieso nicht leiden, oder wollen mir Böses.

 

Diese Therapeutin sagt auch (ab 8:36), dass es zwar genetische Komponenten geben kann, der Hauptaspekt des Ursprungs dieser Störung aber das Verhalten der Eltern oder Hauptbezugspersonen in der Kindheit des Betroffenen ist. Abwertendes Verhalten, lächerlich machen des Kindes, andauernde Kritik und so weiter kann die Persönlichkeitsentwicklung, wenn das ständig so ist, in diese Richtung lenken.

 

Genau so war aber meine Mutter. Mein Vater hielt sich aus der Erziehung sowieso größtenteils heraus. Ich erinnere mich, dass sie, als mein Sohn etwa im Schulalter war, in seinem Beisein in der Öffentlichkeit zu einer Bedienung im Restaurant sagte, er sei ein Schwächling, nur weil er den Teller nicht leer gegessen hatte. Teller leer essen war bei ihr sowieso immer ein ganz wichtiger Faktor. Mein Sohn war ein ganz normaler Junge. Mir sind oft auch solche Dinge mit ihr passiert.

 

Ein anderer Ersteller eines Videos erklärt auch (ab 7:00), wie man die Ängste durch soziales Kompetenztraining auflösen können soll. Er sagt, man sollte sich immer wieder mit allen möglichen sozialen Situationen konfrontieren, damit man begreift, dass das alles nicht so schlimm ist, wie man immer denkt. Wenn man eine Therapie machen möchte, sollen Gruppentherapien und auch Selbsthilfegruppen sinnvoll sein.

 

Bei mir wurde die Störung, falls ich sie wirklich habe, im Lauf der Jahre durch die Anforderungen des Lebens schon sehr abgeschliffen. Ich bekomme so gut wie alles hin, was der Rahmen des normalen Lebens erfordert. Nur habe ich eben kaum soziale Kontakte, wie Freunde. Ich bin im Privatleben immer alleine und mache auch alles alleine.

 

Hätte ich nicht die Kollegen bei der Arbeit in der Werkstätte, säße ich immer nur alleine zu Hause; ganz besonders jetzt in der Coronazeit. Ich habe aber wenigstens noch mein Onlineforum, wo ich regelmäßig mit anderen schreibe und neben dem wichtigen Austausch über Probleme, die man mit der Schizophrenie hat, soziale Interaktion üben kann. Das alles reduziert die Isolation, in der ich mich im RL befinde.